Samstag, 28. Januar 2012

Mit der Salutogenese werden Projektkrankheiten beseitigt

Das Erfolgskonzept der Medizin könnte die Rettung für Hunderttausende erfolglose Projekte sein.

Das Projekt steht auf der Kippe, befindet sich in der Krise. Das Projekt steht kurz vorm Scheitern. Das Projekt krankt an allen Ecken und Enden. Was kann getan werden? Welche Schritte müssen zuerst unternommen werden? Ein Weg aus der Krise im Projekt zeigt die Salutogenese auf - ein in der Medizin und Psychologie verwendetes Modell der Gesundheit.

Salutogenese bezeichnet demzufolge die Gesundheitsentstehung. Es werden hier Fragestellungen, Sichtweisen, Faktoren betrachtet, die im wesentlichen in der Medizin zur Entstehung (Genese) und Erhaltung von Gesundheit führen. Der Medizinsoziologe Aaron Antonovsky (1923–1994) prägte den Ausdruck in den 1970er Jahren und deckte die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Krankheit auf. Nach dem Salutogenese-Modell ist Gesundheit nicht als Zustand, sondern als Prozess zu verstehen. Salutogense ist somit die Lehre der Gesundheit, Aufrechterhaltung und Wiedergewinnung von Gesundheit.

Wie kommt es, dass Menschen gesund bleiben?
Antonovsky hat ein Muster entdeckt, das er bei körperlich und geistig gesunden Menschen gefunden hat: den Kohärenz-Sinn. Als Kohärenz-Sinn definiert er die Verstehbarkeit, die Handhabbarkeit und die Bedeutsamkeit.
Er hat festgestellt, dass Menschen mit einem gut ausgeprägten Kohärenz-Sinn geistig und körperlich weitestgehend gesund sind. Die Menschen konnten
  • verstehen was passiert
  • mit Situationen umgehen, die auf sie zukommen
  • Ereignisse als bedeutsam verstehen.

Dieses Modellkonzept lässt sich eins zu eins auf ein Projektumfeld in der Krise umsetzen, in dem die wesentlichen Kernpunkte der Salutogenese berücksichtigt werden. Idealerweise setzt man das Modell auch gleich von Anfang an in einem Projekt ein, damit es gar nicht erst zu einer „Schieflage“ kommt.

Wenn Menschen wichtige Abschnitte ihres Lebens als verstehbar, handhabbar und bedeutsam empfinden führt dies offensichtlich zu einem angenehmen Gefühl, kontrolliert in der Welt zu sein, eben Sicherheit und Ordnung vorzufinden. Daraus resultiert die gut ausgeprägte physische und psychische Verfassung. Gemeint ist damit, die Dinge, die um einen herum passieren zu verstehen. Das Erstaunliche an diesem Konzept ist, dass diese Erklärungen, die sich die Menschen geben, gar nicht zutreffend sein müssen. Es genügt, dass Menschen das Gefühl haben, zu wissen, weshalb Dinge passieren. Ob das wirklich stimmt oder nicht, ist meistens relativ bedeutungslos, außer man wird irgendwie auf diesen Widerspruch aufmerksam. Es ist dabei grundsätzlich unwichtig, ob es stimmt oder nicht. Wichtig ist, dass die Personen das Gefühl haben zu verstehen.

Mit der Handhabbarkeit ist es ähnlich. Auch hier geht es um das Gefühl, auf wichtige Herausforderungen reagieren und mit Situationen umgehen zu können. Dies wird relativ offensichtlich oder anschaulich, wenn man sich folgendes Szenario vorstellt: zwei Personen, von denen die eine einen Erste-Hilfe-Kurs besucht hat und die andere nicht. Wenn beide in die selbe Notsituation kommen oder in der selben Notsituation sind, wird diejenige Person mit dem Erste-Hilfe-Kurs gut reagieren können und weniger Angst haben, in der Situation zu versagen und insofern gut aus der Sache herauskommen, was eine hohe Handhabbarkeit und das Gefühl, auf wichtige Herausforderungen reagieren zu können zur Folge hat. Dies gilt natürlich auch für die alltäglichen Herausforderungen im Projekt, beispielsweise ausbildungsbedingten oder arbeitsbedingten Stress handhaben oder das eigene Zeitmanagement flexibel anpassen zu können, reagieren zu können und ähnliches mehr.

Abschließend als dritter Bereich die Bedeutsamkeit. In diesem Bereich geht es darum, den Sinn in den Dingen zu sehen die um einen herum passieren. Diese Erkenntnis kann positiv oder negativ ausfallen. Wichtig ist, dass Menschen bedeutsame Erfahrungen im Leben sammeln. Wer keine Lebensbereiche im Leben hat, die als bedeutsam empfunden werden, wird, und dies vermutlich sehr bald, in eine schwere Depression abrutschen oder sonstige psychische Erkrankungen erleiden. Bedeutsamkeit heißt letztendlich, dass das eigene Leben als bedeutsam und sinnhaft erlebt wird.

Das Faszinierende an diesem Konzept ist die Einfachheit und Übertragbarkeit auf sehr viele Bereiche, wie beispielsweise das Projekt beziehungsweise das Projektumfeld. Wir können davon ausgehen, dass wir fast nie jemanden mit einer psychischen Störung finden werden, der einen gut ausgeprägten Kohärenz-Sinn hat. Dies schließt sich gegenseitig aus. Auf das Projekt bezogen bedeutet das, dass wir kein Projekt finden werden, das schlecht läuft, in dem die oben genannten Rahmenbedingungen erfüllt sind. Insofern kann natürlich eine Stärkung des Kohärenz-Sinns ein wichtiges und wesentliches Mittel sein.

Wir müssen Menschen Mittel an die Hand geben, dass sie verstehen, was passiert, dass sie mit Situationen umgehen können, die auf sie zukommen und dass sie die Herausforderungen und Ereignisse als bedeutsam verstehen können. Wenn Menschen diese drei Bedingungen haben, wenn diese drei Bedingungen erfüllt sind, werden Menschen im Projekt im allgemeinen gut zurecht kommen. Das führt als allgemeines menschliches Motiv dazu: Menschen sind chronische Sinnsucher.

Wie nun dieses Modell im Detail und mit welcher Methodik im Projekt umgesetzt werden kann, ist als neues Verfahrensmodell vom Autor entwickelt worden.